Hantavirus-Infektion - DocCheck Flexikon (2024)

Synonym: Hantavirose

Inhaltsverzeichnis

  • 1 Definition
  • 2 Erreger
  • 3 Infektionswege
  • 4 Klinik
    • 4.1 Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS)
    • 4.2 Hantavirus-induziertes kardiopulmonales Syndrom (HCPS)
  • 5 Diagnostik
    • 5.1 Labormedizin
      • 5.1.1 Allgemeine Laborparameter
      • 5.1.2 Indirekter Erregernachweis
      • 5.1.3 Direkter Erregernachweis
  • 6 Therapie
  • 7 Prävention
  • 8 Literatur

Definition

Die Hantavirus-Infektion ist eine Infektionskrankheit durch Infektion mit verschiedenen Typen des Hantavirus.

Erreger

Hantaviren sind weltweit verbreitete Krankheitserreger, insbesondere in Südostasien sind Hantaviren häufige Erreger. In Europa kommen Hantavirus-Infektionen vermehrt im skandinavischen Raum und auf dem Balkan vor. In Amerika sind die Erreger nahezu auf dem gesamten Kontinent verbreitet. Hantaviren nutzen Nager (v.a. Mäuse und Ratten) als Erregerreservoir.

Infektionswege

Durch Einatmen erregerhaltiger Ausscheidungen kommt es zur Infektion des Menschen, weshalb vor allem Waldarbeiter, Jäger und Soldaten betroffen sind. Weiterhin kommt es bei ungenügenden Rattenbekämpfungsmaßnahmen im Rahmen von Naturkatastrophen, Krieg und Flucht zu gehäuftem Auftreten von Hantavirus-Infektionen durch Einatmen kontaminierter Stäube. Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich, aber nicht der Hauptübertragungsweg.

Klinik

Die klinische Symptomatik einer Hantavirus-Infektion ist abhängig von dem Serotypen, der für die Infektion verantwortlich ist. Während der in Nord-, West- und Teilen von Mitteleuropa bevorzugt vorkommende Serotyp Puumala meist zu einer selbstlimitierenden Nephropathia epidemica (Tubulointerstitielle Nephritis) führt, kann es bei Infektionen mit den Serotypen Hantaan (Asien) und Dobrava (Südosteuropa) zu schweren Verläufen als hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS) kommen. Das am meisten beeinträchtigte Organ bei diesem Krankheitsbild ist, wie der Name schon sagt, die Niere.

Bei Infektionen mit humanpathogenen Vertretern aus Nord-, Mittel- und Südamerika, wie etwa dem Sin-Nombre-Virus, dem Choclo-Virus oder dem Andes-Virus manifestiert sich die Infektion im schlimmsten Fall als sogenanntes Hantavirus-induziertes kardiopulmonales Syndrom (HCPS), welches im Vergleich zu den in Europa und Asien vorkommenden Erkrankungen einen deutlich fulminanteren Verlauf nimmt. Auch wenn der Befall systemisch ist, ist das Zielorgan im Gegensatz zu den eurasischen Erkrankungen die Lunge.

Die Inkubationszeit zwischen Infektion und ersten klinischen Symptomen der Erkrankung ist variabel und beträgt ca. 1-5 Wochen.

Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS)

Bei einem HFRS kommt es initial, nach etwa 4 bis 14 Tagen, abrupt zu hohem Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Myalgien, Lumbalgien und dem Auftreten erster schwerer konjunktivaler Blutungen als Leitsymptom.

In einer zweiten Phase (rund 2 Tage nach dem Auftreten des Fiebers) stellen sich Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und ggf. Diarrhoe ein. Schließlich kann es unbehandelt zur akuten interstitiellen Nephritis mit Oligurie und starker Proteinurie kommen, die zu einem akuten Nierenversagen führen kann.

Das HFRS ist daher als schwere Verlaufsform der Nephropathia epidemica zu betrachten, bei der es zu einer milderen Fiebersymptomatik und einer moderaten Proteinurie und Erhöhung der Retentionswerte kommt.

Wichtige prognosebestimmende Komplikationsmöglichkeiten beim HFRS sind das Auftreten einer Thrombozytopenie und Hämorrhagien. Es kann im Verlauf zu einem Lungenödem und Organschädigungen kommen. Bei schwerem Verlauf besteht eine Letalität von 5%.

Hantavirus-induziertes kardiopulmonales Syndrom (HCPS)

Das HCPS verläuft ohne Nierenbeteiligung und beginnt abrupt mit hohem Fieber, Myalgien, Übelkeit und Erbrechen, Schwäche, Schwindel und Bauchschmerzen. Nach einigen Tagen treten Husten, Tachypnoe und Dyspnoe auf. Im Verlauf kommt es zur kardiopulmonalen Dekompensation mit Lungenödem und ARDS. Die Letalität liegt zwischen 25 und 40%.

Diagnostik

Die Arbeitsdiagnose einer Hantavirus-Infektion sollte insbesondere bei einer passenden Berufs- bzw. Sozialanamnese und klinischer Symptomkonstellation im Sinne einer der Verlaufsformen erwogen werden. Da das klinische Bild oft nicht voll ausgeprägt ist und die Symptome unspezifisch sein können, steht die labormedizinische Diagnostik beim Verdacht auf eine Infektion mit Hantaviren im Vordergrund.

Labormedizin

Allgemeine Laborparameter

Bei den allgemeinen Laborparametern ist insbesondere auf einen Anstieg der Retentionsparameter sowie Veränderungen der Thrombozytenzahl (typischerweise Thrombozytopenie) zu achten. Eine Leukozytose mit Linksverschiebung und der Nachweis atypischer Lymphozyten ist ebenfalls möglich. Im Urin zeigt sich möglicherweise eine tubuläre Proteinurie und Hämaturie.

Indirekter Erregernachweis

Die Diagnose einer Infektion mit Hantaviren wird in der Regel serologisch durch den Nachweis spezifischer IgM- und IgG-Antikörper (ELISA, Immunoblot, Immunfluoreszenz-Assay) gestellt. Hierbei werden Nukleokapsid-Proteine als diagnostische Antigene verwendet. In Europa muss dabei sowohl mit PUUV, als auch mit DOBV-Antigenen getestet werden.

IgG-Antikörper werden bei 80 bis 90% der Patienten innerhalb der ersten 5 Tage im Serum gefunden und persistieren wahrscheinlich lebenslang. IgM-Antikörper können noch bis zu 2 Jahre nach der Erkrankung nachgewiesen werden. Eine akute Infektion zeigt sich durch einen simultanen Anstieg von IgG und IgM oder einen signifikanten Titeranstieg von IgG.

Direkter Erregernachweis

Auch der direkte Erregernachweis mittels PCR kann in der frühen Erkrankungsphase erfolgversprechend sein. Es gilt jedoch zu beachten, dass die virämische Phase bei einer Infektion mit Hantaviren nur sehr kurz ist und ein isoliertes negatives PCR-Testergebnis daher die Infektion nicht ausschließt.

Der endgültige Nachweis und die definitive Typisierung des infizierenden Virusstammes erfolgt durch die RNA-Sequenzierung von Abschnitten des S- oder L-Segments des Virusgenoms.

Therapie

Die Therapie ist supportiv und symptomatisch. Es erfolgt eine Bilanzierung des Wasserhaushalts im Nierenversagen, erfolgt kein Abfall der Retentionswerte ist eine temporäre Hämodialyse anzustreben. Bei einem ARDS als Komplikation des pulmonalen Syndroms ist eine intensivmedizinische Therapie mit Beatmung erforderlich. Eine antivirale Therapie kann mit Ribavirin erfolgen, sie ist jedoch von begrenzter Wirksamkeit.

Entscheidend für die Prognose ist der Spontanverlauf. Am günstigsten ist dabei der Verlauf als Nephropathia epidemica, welche auf eine supportive Therapie anspricht. Bei den schweren Verlaufsormen sind individuelle Therapieentscheidungen zu treffen.

Prävention

Eine Hantavirusimpfung ist zur Zeit (2021) in Deutschland nicht verfügbar. Es wird jedoch intensiv an verschiedenen Impfstoffen geforscht.

Literatur

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